
Wer trägt die Verantwortung? Zwischen EEG und VDE im PV-Betrieb
Ein Landwirt mit Agri-PV-Anlage geht auf sein Feld. Er kontrolliert die Pflanzen, prüft die Tropfbewässerung – und steht dabei mitten in einer elektrischen Betriebsstätte. Nach EEG ist er eindeutig Anlagenbetreiber. Nach VDE darf er als Laie die Anlage aber eigentlich gar nicht betreten. Wer trägt in diesem Moment die Verantwortung?
Genau an diesem Punkt zeigt sich ein zentrales Problem: Die Rollen im Betrieb von PV-Anlagen sind nicht immer klar geregelt – und je größer und vielfältiger die Anlagen werden, desto relevanter wird diese Unschärfe.
Zwei Rollen – zwei Ebenen der Verantwortung
- Anlagenbetreiber nach VDE 0105-100: verantwortlich für den sicheren Betrieb. Kann eine natürliche oder juristische Person sein – vom Landwirt über die GmbH bis zur Projektgesellschaft.
- Anlagenverantwortlicher nach VDE 0105-100: immer eine natürliche Person und zwingend eine Elektrofachkraft. Er trägt die Verantwortung bei Arbeiten an der Anlage, muss Sicherheitsmaßnahmen umsetzen und Unfallverhütungsvorschriften einhalten.
- EEG-Anlagenbetreiber (§3, §71): derjenige, der Strom einspeist bzw. wirtschaftlich nutzt – nicht zwangsläufig derjenige, der die Sicherheitsregeln kennt oder umsetzt.
Das Beispiel zeigt: Dieselbe Anlage kann aus Sicht der VDE und des EEG ganz unterschiedliche Verantwortlichkeiten haben. In der Praxis wird das oft vermischt:
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Betreiber nach EEG = wirtschaftlicher Eigentümer
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Betreiber nach VDE = Sicherheitsverantwortlicher
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Anlagenverantwortlicher = Elektrofachkraft vor Ort
Fehlt hier eine klare Benennung, entsteht eine Grauzone mit hohem Risiko. Denn im Ernstfall zählt nicht die wirtschaftliche, sondern die sicherheitstechnische Verantwortung.
Warum das wichtig ist
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Für Betreiber: Die EEG-Definition reicht nicht aus. Es braucht eine klare Organisation der Betriebssicherheit.
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Für Projektierer & Betriebsführer: Sie übernehmen oft Pflichten, die ihnen nicht bewusst sind.
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Für Investoren: Auch wer nie vor Ort ist, kann in der Haftung stehen.
Und ganz praktisch: Bei offenen Anlagen wie Agri-PV oder PV-Dächern ohne Umzäunung wird die Frage noch brisanter – weil der Zugang nicht so leicht beschränkt werden kann.
Die Diskussion um Verantwortlichkeiten zeigt: Es geht nicht nur um technische Normen, sondern um Schnittstellen zwischen Recht, Arbeitssicherheit und Energiewirtschaft. Solange diese Rollen nicht eindeutig zugeordnet sind, bleibt die Branche in einer Grauzone – und das kann im Ernstfall teuer oder gefährlich werden.
Hinweis: Dieser Artikel gibt unsere Praxiserfahrungen wieder und ersetzt keine rechtliche Beratung.